Staatsbankrott - Nachtrag zur Buchvorstellung
<a href="http://stuetzle.cc/wp-content/uploads/Geld-unter-die-Bank-kehren.jpg"><img class="alignleft size-medium wp-image-1563" style="margin: 4px;" alt="Geld unter die Bank kehren" src="http://stuetzle.cc/wp-content/uploads/Geld-unter-die-Bank-kehren-282x300.jpg" width="146" height="156"></a>Gestern kam bei der <a href="http://bewegung.taz.de/termine/buchpraesentation-und-diskussion-mit-ingo-stuetzle" target="_blank" rel="noopener noreferrer">Buchvorstellung von</a> <em>Austerität als politisches Projekt</em> die Frage auf, ob Staaten Pleite gehen können und welche größeren Länder in den letzten Jahren zahlungsunfähig waren. Neben einer <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsbankrott#Beispiele_f.C3.BCr_Staatsbankrotte_und_Beinahepleiten " target="_blank" rel="noopener noreferrer">Wikipedia-Liste</a> finden sich gleich mehrere Aufzählungen in der <a href=" http://books.google.de/books?id=5iA2PYu5kGwC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_atb#v=onepage&q&f=false" target="_blank" rel="noopener noreferrer">umstrittenen Studie von Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff</a>.
Auch in der Broschüre Ist die ganze Welt bald pleite? sind wir auf die Frage eingegangen, wann Staaten pleite sind - keine einfache Frage:
Wann aber ist ein Staat pleite? An der Höhe der Schulden ist dies nicht festzumachen und auch nicht am Verhältnis von Schulden zum BIP. So kam Griechenland 2010 auf Schulden von 140 % des BIP und galt als insolvent. Spanien galt mit einer Quote von 60 % des BIP immerhin als gefährdet. Japan hingegen erreichte 200 %, galt aber als relativ solide.
Auch die so genannte Zinslastquote – also wie viel der Staat jedes Jahr für Kreditzinsen zahlen muss – ist kein eindeutiger Indikator für eine Zahlungsunfähigkeit. Als Griechenland Ende 2009 in die Krise geriet, musste es Zinsen in Höhe von 5 % seines BIP zahlen. Das ist relativ viel. 1996 waren es allerdings noch doppelt so viel.
Was Regierungen zudem von Privathaushalten oder Unternehmen unterscheidet: Sie können ihre Ausgaben und Einnahmen souverän festlegen. Fehlt ihnen Geld, können sie einfach die Steuern erhöhen oder die Ausgaben zum Beispiel für Arbeitslose senken (das hat natürlich seine Grenzen, s. Punkt 5 [in der Broschüre]). Oder eine Regierung kann versuchen, sich an den internationalen Finanzmärkten mehr Geld zu leihen. Klappt das nicht, kann sie die heimischen Finanzunternehmen auch schlicht dazu zwingen, ihr Geld zu leihen. Ein Staat kann sich im Notfall auch bei sich selbst verschulden: Die Regierung legt eine Anleihe auf, und die Zentralbank des Landes kauft diese Anleihe. In diesem Fall druckt die Zentralbank also Geld und leiht es der Regierung. Die meisten Zentralbanken der Welt tun dies in mehr oder weniger starkem Ausmaß. So kaufte die US-Zentralbank Fed 2010/2011 Anleihen der US-Regierung über 900 Milliarden Dollar. Mit der Ausweitung der Geldmenge droht jedoch Inflation.
Eine Regierung hat also viele Wege, ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern. Man könnte also sagen: Eine Staatspleite naht, wenn:
Anders als ein Unternehmen kann ein Staat im Falle einer Pleite aber nicht vom Erdboden verschwinden. Insolvenz bedeutet daher, dass eine Regierung mit ihren Gläubigern eine Erleichterung der Schuldenlast verhandelt: Schulden werden verlängert, gestrichen oder die Zinsen gesenkt. Stimmen die Gläubiger – zumeist Banken – dem zu, so sinkt der Schuldenstand und das Land ist wieder zahlungsfähig. Von einem derartigen Schuldenerlass profitierte auch Deutschland: 1953 wurden ihm die im Weltkrieg aufgelaufenen Auslandsschulden zur Hälfte erlassen. Die Pleite eines Staates ist somit eine politische Entscheidung: Die Regierung eines überschuldeten Landes stellt fest, dass die Schulden zu hoch sind und sie sie nicht weiter tragen will. Und die Regierungen des Auslands verweigern dem Land Unterstützung in Form billiger Kredite. Von einer Pleite sind Länder wie Deutschland oder die USA also noch weit entfernt.
Die Passage kann man auch anhören:
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Die ganze Broschüre gibt es hier als pdf-Datei.